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Neuer Rekord an Überfällen

2010 gilt als trauriges Rekordjahr: Nach Angaben der Internationalen Schifffahrtsbehörde wurden vor Somalia 49 Schiffe gekapert, 1181 Seeleute als Geiseln genommen und acht von ihnen ermordet. Die am 14. April von der Behörde veröffentlichte Statistik für das erste Quartal 2011 weist mit 97 einen neuen Rekord an gemeldeten Überfällen vor Somalia aus – fast eine Verdreifachung gegenüber dem ersten Quartal 2010. Sieben Seeleute wurden getötet, 34 erheblich verletzt und etliche teils schwer gefoltert.
Die nun offengelegten Kontakte zu al Qaida dürften den Piraten nicht recht sein, zwingen sie doch die westlichen Regierungen zu konsequenterem Handeln. Ohnehin greifen einzelne Nationen wie Indien oder Indonesien schärfer durch und versenken rigoros Piratenboote, auch wenn dabei Geiseln ums Leben kommen.
Befreite Schiffe sind häufig mit Einschusslöchern übersät, deutliche Hinweise auf heftige Gefechte. Angeblich wurden 2010 rund 120 größere Piraten-Mutterschiffe vernichtet. Doch pro Jahr werden in Somalia bis zu 400 neue Seeräuber rekrutiert.
Da der Deutschen Marine beim Schutz der Schiffe enge juristische Grenzen gesetzt sind, nehmen 27 deutsche Reedereien inzwischen private bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord. Im Auftrag von ausländischen Reedern und Schiffsversicherern sind sogar ehemalige Kriegsschiffe als Geleitschutz am Horn von Afrika unterwegs. Und Söldner sollen bereits einzelne Vorstöße gegen die Piratennester an Land unternommen haben – Auftraggeber unbekannt.

Suez-Kanal könnte unpassierbar werden

Ein Blick auf die Karte verdeutlicht das Problem: Der südliche Teil des Jemen ist bereits weitgehend unbemerkt von den Islamisten infiltriert worden, während sich die westlichen Regierungen auf den Antiterror-Kampf in Afghanistan und Pakistan konzentriert hatten. Auch somalische Al-Shabab-Kampfgruppen sind seit 2010 im Jemen aktiv. Dieses arabische Land und Somalia bilden eine Art Zange am Ende des Roten Meeres und dem Horn von Afrika. Die wichtige Schifffahrtsroute vom Mittelmeer durch den Suez-Kanal könnte unpassierbar werden – mit verheerenden Folgen für den Welthandel: 15 000 Schiffe passieren den Kanal pro Jahr; sie transportieren 14 Prozent der weltweiten Seefracht.

Berlin muss handeln, um nicht behandelt zu werden

Die Forderungen des Hamburgers Ebel nach mehr Tempo in Berlin beim Thema „Schutzkräfte an Bord“ knüpfen an eine ähnliche Forderung des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) vor dem Nautischen Verein zu Hamburg auf dem traditionellen Schifffahrtsessen an. Dieser sprach von der „immer gefährlicheren Plage Piraterie“, der es wirksam zu begegnen gelte. Eine Lösung könnte darin bestehen, an Bord von deutschen Handelsschiffen zertifizierte Sicherheitskräfte mitzuführen, um auf diese Weise den Abschreckungsgrad gegenüber den Piraten zu erhöhen.

Carstensen wies darauf hin, dass auch andere Länder in der EU und darüber hinaus die entsprechenden Voraussetzungen für den Einsatz von privaten Bordschutzkräften schüfen. Ausdrücklich warnte Carstensen die Bundesregierung davor, noch mehr Zeit für das entsprechende Gesetz zu verlieren. Es drohe dann nämlich die Gefahr, dass deutsche Reeder auch deshalb die nationale Flagge verlassen, weil sie sich unter ihr nicht länger optimal geschützt fühlten. Sie würden dann jene Flaggen und Register aufsuchen, die den Einsatz von privaten Sicherheitskräften erlauben. Deutschland hätte dann in mehrfacher Hinsicht das Nachsehen, und zwar auch im Hinblick auf die Qualität solcher Schutzkräfte, mahnte Carstensen. (eha)